So entsteht eine Jacke im Chanel Look/ Teil 3 und letzter Teil

Und weiter gehts:
Beide Ärmel sind nun fertig gestrickt. Damit das Zählen der Zunahmen (Schrägen der Ärmel) einfacher fällt, hänge ich jedesmal eine Bezeichnung in die Kante.
Während dem Stricken habe ich immer mein Notizbuch dabei und schreibe jeden Schritt auf. So geht nichts vergessen, wenn ich die Anleitung schreibe.

Sicherheitsnadeln oder Fadenschlingen eignen sich ebenfalls
Spannen und Dämpfen: Wenn alle Teile fertig gestrickt sind, werden diese "in Form gebracht". Ich lege ein Frottétuch auf einen grossen Tisch und stecke die Teile an den Rändern mit Stecknadeln fest. Dabei kontrolliere ich nochmals die Masse der fertigen Jacke. Mit dem Dampfbügeleisen dämpfe ich die Teile, halte das Bügeleisen zirka einen Zentimeter vom Strickteil entfernt, ansonsten verbrenne ich die Kunstfasern oder drücke die Maschen platt. Danach muss man das Strickteil auskühlen lassen, am besten sogar auch über Nacht. Durch das Dämpfen wird das Gestrick schöner und die Wolle weicher. Das ist besonders wichtig, damit die Teile die Form besser behalten. Die Maschen werden sozusagen in die Form geprägt. 

Jetzt nähe ich die Ärmelnaht zu und die Schultern ebenfalls. Das geht am Besten und ist übersichtlicher, wenn man die Strickteile mit der Vorderseite zu sich hält. Die Kanten liegen sich waagrecht gegenüber, dann wird direkt neben der Randmasche eingestochen, zwei Querfäden werden aufgefasst und der Faden durchgezogen. Manchmal ziehe ich am Faden, damit sich alles etwas zusammenzieht, um diesen danach wieder auseinander, und in die richtige Länge zu ziehen.

Strickteile zusammennähen
Jetzt kommt der Kragen. Ich nehme die Strickarbeit oben beim Kragen und mit der rechten Seite zu mir. Ich nehme den Faden in die linke Hand und steche mit der Stricknadel von vorne, neben der Randmasche ein, hole den Faden, ziehe ihn durch und lasse ihn auf der Stricknadel liegen. Die erste Masche ist noch etwas schwieriger, weil sie lose ist. Für alle weiteren Maschen wird es einfacher. Dann wende ich die ganze Arbeit auf die Rückseite und stricke mit rechten Maschen hin und her. Auf der Vorderseite kette ich alle Maschen ab. Ich ziehe mir das Teil an und realisiere, dass der Kragen zu hoch geworden ist. Halb so schlimm, das habe ich in einer Stunde korrigiert. Jetzt ist er perfekt.

Maschen am Kragen auffassen
Nun kommt der Schritt, den ich nicht so gerne mache: Die Ärmel einnähen. Hier muss die Mitte des Ärmels genau an der Schulter liegen und der Rest der Armkugel gleichmässig verteilt werden. Darum bezeichne ich die Mitte und hänge sie mit einer Sicherheitsnadel zur Schulternaht hin. Dann stecke ich den restlichen Ärmel an die Jacke. Hier arbeite ich auch von der Vorderseite aus. Damit ich mir ganz sicher bin, dass alles schön passt und mir die Stecknadeln beim Nähen nicht in den Weg kommen, hefte ich den Ärmel mit langen und lockeren Stichen an. Mit diesem extra Schritt geht es einfacher und ohne nochmals etwas lösen zu müssen.

Endlich ist es soweit! Ich kann die Jacke zum erstem Mal anprobieren. Ich freu mich, sie passt genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Es hat sich also gelohnt zuerst ein Schnittmuster aus Papier zu machen. Die Taschen sind auf der richtigen Höhe, die Schultern und die Armkugel sitzen. Die Weite und Länge der Jacke sind auch so wie ich es haben wollte. Uff, das ist immer eine Erleichterung.

Jetzt kommt der spannendste Teil und derjenige, über den ich am meisten nachgedacht habe: Wie mache ich diese typischen Fransenverzierung. Ich habe schon eine Idee im Kopf. Aber einfach in die fertig gestrickte Jacke zu schneiden, das schaffe ich nicht. Ich teste lieber zuerst mit meinen Strickproben. Ich nähe verschiedene Bänder von Hand auf, aber das sieht irgendwie zu gebastelt aus. Mit der Nähmaschine funktioniert das Annähen überraschend gut und ich habe den besten Weg gefunden, dass die Maschen nicht mehr aufribbeln können. Doch jetzt, nach stundenlangem Ausprobieren, lege ich die Arbeit weg. Ich fahre morgen nochmals in den Laden um noch ein paar Bänder zu kaufen. Dann seh ich weiter.

Inzwischen habe ich mich für ein schlichtes Ripsband entschieden und weiss jetzt wie die Fransen schön werden. Also: Zuerst die Ripsbänder an die vorderen Kanten der Jacke stecken und heften. Das Band sollte ca. 1 cm vom Rand des Gestricks entfernt sein. Umbedingt die Kantenlängen vergleichen und nachmessen, damit sich nichts verzogen hat! Die beim Stricken eingesetzten Fäden kann man einfach zur Seite streichen, die kommen zu den Fransen. Nach dem Heften das Ripsband mit der Nähmaschine aufnähen. Ich habe die Stichlänge auf 3 gestellt und 2-3 mm innerhalb der Ränder genäht.
Ribsband stecken und heften
Vordere Kante mit Ribsband



Jetzt mutig die äusserste Knötchenreihe wegschneiden. Mit einer Wollnadel alle einzelnen Fäden aus der Naht ziehen. Die Kanten nochmals dämpfen und dabei die Fransen mit der Hand richtig gut flach streichen. Jetzt die Fransen gleichmässig auf 3- 4 mm zurückschneiden. Ich finde das Resultat sieht richtig toll aus. Das Ausprobieren und die investierte Zeit haben sich gelohnt.





Diesen Fransenlook hätte ich auch gerne an den untern Rändern der Ärmel. Darum stricke ich nochmals ein Musterstück um den Anfang des Ärmels zu testen. Aber ich hätte es mir doch denken können: Reihe für Reihe ribbelt auf und es bleibt nur ein einziger müder Faden übrig... Der Versuch ist misslungen und 3 Stunden Arbeit sind dahin. Aber vielleicht könnte der Ärmel unten einen seitlichen Schlitz mit Fransen haben? Mhhh, ich probiere es einfach mal aus: Ich nehme die Jacke und öffne den Ärmel etwas, nähe das Band an und schneide die Fransen zurecht. Das geht eigentlich ganz gut, aber ich entscheide mich dagegen. Die Wirkung ist dürftig und für eine Anleitung der Arbeitsschritt zu kompliziert. Also die Ärmel wieder zunähen. Leider haben diese jetzt einen Schönheitsfehler, aber ich musste es einfach ausprobieren. Und nur ich weiss davon...

Fertig ist das gute Stück. Nein, noch nicht ganz! Ich möchte dass der Kragen seine Form behält und nicht ausleiern kann. Ich besorge verschiedene Bänder, nehme das mit der weissen Verzierung und nähe es von Hand in den Kragen. Ein kleines Extra auch für's Auge. Und es lohnt sich, schliesslich habe ich ungefähr 143, 5 Arbeitsstunden an der Jacke gearbeitet. Behauptet jedenfalls meine App. Um den wirklichen Aufwand zu berechnen, müsste die App aber meine Gedanken lesen, und jede Minute die mich dieses Projekt verfolgt hat, aufzeichnen können...


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